Marcus von Jordan

Gründer piqd

Wovon sind Sie im Hinblick auf die Presse und Journalismusförderung derzeit am meisten enttäuscht?

Ich finde es bedenklich, dass es so wenig Interesse an digitaler Infrastruktur gibt. Alle fördern Inhalte, meist relativ kleinteilig, nischig und kurzlebig. Gerne wird auch öffentlichkeitswirksames Gespräch über Probleme, über Notwendigkeiten und manchmal auch über Lösungsansätze gefördert. Aber mir fehlen die „impact invests“. Die konkreten, komplexen Projekte, die sich damit befassen, wie das Netz für Journalismus und Öffentlichkeit so funktionieren könnte, dass sie ihrer Rolle für Demokratie und Liberalismus nachhaltig gerecht werden.

Wo erkennen Sie logische Brüche oder generelle Geburtsfehler in der deutschen Förderkulisse für Journalismus?

Wir haben immer noch genug guten und sehr guten Journalismus in Deutschland. Wir haben starke private Verlage und wir leisten uns neben dem Markt die Öffentlich-Rechtlichen, die mit hunderten Millionen von Euro Journalismus machen. Das Problem ist nicht die Ware, sondern die Distribution. Insofern finde ich es eher fragwürdig noch mehr Ware zu fördern und wäre für die konsequente Förderung von Infrastrukturlösungen. Wir brauchen eine digitale Umgebung oder besser viele digitale Umgebungen, in denen relevanter Journalismus sein Publikum und seine Finanzierung findet.

Was muss sich ändern, damit der so genannte gemeinnützige Journalismus funktionieren kann?

Erstens: Wenn ein Staat sich neben dem Markt öffentlich-rechtlichen Journalismus von den Bürger:innen finanzieren lässt, hat er festgestellt, dass es ein öffentliches Interesse an Information, Reflexion und Debatte gibt, das nicht einfach einer Marktlogik alleine zu unterstellen ist. Journalismus gemeinnützig förderfähig zu machen und steuerlich entsprechend zu stellen, ist insofern logisch. Zweitens: Damit das einen zuverlässigen gesellschaftlichen Mehrwert entfalten kann, muss es eine Struktur und Kapazitäten geben, um es im Einzelfall zu prüfen, zu diskutieren und zu steuern. Weder wollen wir erleben, wie sich radikale Einflussnahme einen Vorteil verschafft, noch kann es sein, dass gemeinnützige Angebote (ggf. finanziert von mächtigen Menschen) privatwirtschaftliche Angebote unterlaufen. Drittens: Förderung entbürokratisieren und zusammenfassen und eine entsprechende Beratung anbieten. Die Vergabe und die Verwendung von Mitteln muss dabei extrem transparent gehalten werden. Viertens: Öffentlichkeit schaffen für die gemeinnützigen Projekte und Inhalte – hierbei sehe ich den ÖRR in der Pflicht und andersherum auch eine Chance für ihn.

Marcus von Jordan

Marcus von Jordan ist Geschäftsführer und Gründer von piqd, einer gemeinnützigen Kuratierungs-Plattform. Der gelernte Landwirt arbeitet seit 25 Jahren als Kommunikationsberater, Autor und Konzepter. Seit 2015 ist er Geschäftsführer der Schwingenstein Stiftung gGmbH. Die Stiftung bemüht sich um digitale Konzepte und Plattformen für einen unabhängigen, diversen und mittelstandsfähigen Medienmarkt und ist Trägerin von Torial und piqd.

3F3A: 3 Fragen – 3 Antworten

Herausforderungen, Erfahrungen, Chancen: In Kurzinterviews sprechen wir mit Akteur:innen in der Medienlandschaft zur Finanzierung und Förderkulisse von Journalismus sowie zu Fragestellungen rund um gemeinnützigen und gemeinwohlorientierten Journalismus.