Valerie Scholz

Valerie Scholz ist Journalistin und Mitgründerin von „Facts for Friends“

Frau Scholz, Wie bewerten Sie die aktuelle Entwicklung im Bereich der gemeinnützigen Medien in Deutschland?

Gemeinnütziger Journalismus ist eine Bereicherung für die Medienvielfalt in Deutschland. Es gibt viele großartige Projekte und Ideen, die lokaljournalistische Lücken mit hochwertigen Inhalten schließen, Desinformation entschieden entgegentreten und Themen in den Mittelpunkt rücken, die im kommerziellen Medienmarkt oft zu kurz kommen – und das ohne den permanenten Performancedruck einer Klick- und Like-getriebenen Medienwelt. Doch die Rechtsunsicherheit und die schwierige Förderlandschaft bremsen selbst die wertvollsten Visionen aus. Viele Projekte können sich nicht auf ihre inhaltliche Arbeit konzentrieren, weil sie ständig ums Überleben kämpfen müssen – so auch „Facts for Friends“. Es braucht klare rechtliche Rahmenbedingungen und eine verlässliche Förderung, damit diese Arbeit nachhaltig wirken kann.

Welche Rolle spielt „Facts for Friends“ in diesem Ökosystem und was sind eure größten Herausforderungen?

Ursprünglich wollten wir mit „Facts for Friends“ vor allem eines erreichen: Faktenchecks nutzerfreundlicher und alltagstauglicher gestalten. In der deutschen Förderlandschaft lässt sich diese Arbeit jedoch kaum direkt finanzieren, Fördermittel müssen oft über Umwege beantragt werden, was zu einer ständigen „Projektitis“ führt. Als kleines Team bewältigen wir neben der inhaltlichen Arbeit auch umfangreiche Bürokratie mit langen Wartezeiten. Gleichzeitig ist es eine große Herausforderung, neben etablierten Medienhäusern genügend Reichweite zu erzielen, um stabile eigene Förderstrukturen aufzubauen. Um unsere Wirkung zu stärken, haben wir unser Tätigkeitsfeld daher schrittweise von der reinen Redaktion hin zu Bildungsarbeit erweitert.

Wo sehen Sie Potenzial für mehr Zusammenarbeit zwischen verschiedenen gemeinnützigen Medienprojekten und Organisationen, welche Herausforderungen erkennen Sie aktuell im Hinblick auf Kooperationen?

Gerade im Bereich der Medienbildung und des Fakten-Checks gibt es mittlerweile unzählige Projekte. Viel zu oft habe ich in den vergangenen Jahren auf Anfragen zu Förderung, Kooperation oder Zusammenarbeit die Rückmeldung erhalten: ‚Tolles Projekt – aber wir planen gerade unser eigenes‘. In einer Umgebung, in der eigentlich alle für dieselbe Vision kämpfen – eine faktenbasierte und demokratische Öffentlichkeit – wird mir immer wieder schmerzlich bewusst, dass für viele Stiftungen, Organisationen und potenziellen Partner am Ende des Tages oft nur entscheidend ist, dass ihr Name auf dem Projekt steht, anstatt eine erfolgreiche Zusammenarbeit zu fördern. Um voranzukommen, braucht es weniger Ego und mehr echte Kooperation.

Valerie Scholz

Valerie Scholz ist Journalistin und Sozialunternehmerin aus Hamburg. Sie ist Mitgründerin von „Facts for Friends“, einem sozialen Start-up mit der Vision, den Faktencheck Fact-Checking für Nutzer*innen digitaler sozialer Medien zugänglich, bequem und attraktiv zu machen. Im Rahmen ihrer Arbeit  hat sie umfassende Kenntnisse und Erfahrungen zu den Themen Desinformation, Verschwörungsnarrative und Medienkompetenz gesammelt. Als Teilnehmerin und Rednerin von Konferenzen, als Leiterin von Workshops und als Mitautorin von Studien ist sie mit den neuesten Forschungsergebnissen auf diesem Gebiet vertraut. Für Medienbildungsprojekte kooperiert „Facts for Friends“ mit nationalen und internationalen Partnern. Für sein demokratische Engagement erhielt das Projekt 2023 die Theodor-Heuss-Medaille.

Foto: Julian Scheinkoenig

Das Format: 3 Fragen – 3 Antworten

Herausforderungen, Erfahrungen, Chancen: In Kurzinterviews sprechen wir mit Akteur:innen in der Medienlandschaft zur Finanzierung und Förderkulisse von Journalismus sowie zu Fragestellungen rund um gemeinnützigen und gemeinwohlorientierten Journalismus.

Published On: 19. September 2025