Herbert von Halem
Gründer und geschäftsführender Gesellschafter des Herbert von Halem Verlags
Herr von Halem, Sie gelten als verlegerische Instanz für Medien- und Kommunikationsforschung. Was treibt Sie persönlich an, publizistisch dranzubleiben – trotz kleinem Markt und großem Veränderungsdruck?
Das Thema „Medien und Kommunikation“ beschäftigt mich seit 40 Jahren, als Verleger seit bald 30 Jahren. Leider hat sich die Situation im Journalismus seitdem nicht verbessert. Grund genug weiterzumachen, denn wir brauchen ein funktionales Mediensystem mit einem unabhängigen Journalismus. Viel Spass habe ich momentan mit den Kölner Mediengesprächen. Dort treffe ich Menschen, die sich unvoreingenommen mit Themen auseinandersetzen wollen, die ihnen vielleicht völlig fremd sind. Da höre ich immer wieder den Satz: „Ich habe heute etwas gelernt“.
Gemeinwohlorientierter Journalismus ist in aller Munde. Was macht ihn aus Ihrer Sicht heute wirklich aus – jenseits von Etiketten?
Sollte nicht jeder Journalismus gemeinwohlorientiert sein? Trägt nicht jeder Journalist dieses Mantra vor sich her: wir dienen dem Gemeinwohl, unsere Arbeit ist demokratiefördernd. Haben wir nicht deshalb auch den ÖRR? Wie muss die Aussage „Wir arbeiten für das Gemeinwohl, nicht für den Profit.“ in den Ohren des Lokaljournalisten am Ende der Republik klingen, der sich abrackert, um ein paar Informationen an seine schwindende Leserschaft zu bringen. Arbeitet der nicht für das Gemeinwohl? „Gemeinwohljournalismus“! Das ist auch eine Art Anmaßung. Sicherlich gut gemeint, aber dennoch eine Anmaßung.
Was erwarten Sie von neuen publizistischen Projekten in dieser Umbruchphase – und was wünschen Sie sich als Verleger auch zurück?
Ich erwarte nichts von neuen publizistischen Projekten. Ich erwarte etwas von den Journalisten: dass sie den Unterschied von Information und Meinung in ihrer Arbeit achten und dass sie ihre Leser respektieren. Und wenn diese grundlegendsten Prinzipien des Journalismus geachtet werden, feiere ich jedes publizistische Projekt. Ich feiere jeden, der den Mut hat, etwas Neues zu beginnen, um dem Leser ein unvoreingenommenes und wirklichkeitsnahes Bild von einer Welt zu schaffen, die über seinen eigenen Erfahrungsraum hinausgeht. Auch in der Hoffnung, dass ich einen Beitrag zu solchen Projekten leisten kann, mache ich weiter.
Herbert von Halem

Herbert von Halem ist Gründer und geschäftsführender Gesellschafter des Herbert von Halem Verlags.
Foto: Herbert von Halem Verlag
Das Format: 3 Fragen – 3 Antworten
Herausforderungen, Erfahrungen, Chancen: In Kurzinterviews sprechen wir mit Akteur:innen in der Medienlandschaft zur Finanzierung und Förderkulisse von Journalismus sowie zu Fragestellungen rund um gemeinnützigen und gemeinwohlorientierten Journalismus.