KI wird zur Gatekeeperin des Journalismus: Wessen Medieninhalte die KI-Systeme in Zukunft nicht erreichen, hat es schwer. Eine Lösung wäre es, Inhalte modular aufzubereiten und mehrkanalig zu distribuieren. 

Von Marco Maas

Früher war der Ort des Journalismus klar definiert. Die Bühne war die Zeitung, später die Website, dann soziale Netzwerke, zuletzt der Newsletter. Wer gelesen werden wollte, musste sich dort behaupten. Mit gutem Handwerk, mit Reichweite, mit Relevanz.

Heute hat sich diese Bühne erneut verschoben – dorthin, wo sie kaum noch sichtbar ist: in digitale Assistenten, in KI-gestützte Recherchetools, in Systeme wie Notion Mail, Perplexity oder Googles AI Overview. Dort zählt nicht mehr, wie ein Artikel aussieht oder wo er erscheint, sondern ob seine Inhalte anschlussfähig, verlässlich und maschinenlesbar sind. Der klassische Artikel wird zerlegt in Absätze, Fakten, Zitate. Aus diesen Bausteinen entsteht das, was ein Assistent für relevant hält.

Für Medienhäuser bedeutet das: Inhalte müssen zwei Zielgruppen gerecht werden. Menschen, die gezielt recherchieren, lesen oder abonnieren – und Systeme, die Inhalte analysieren, neu kombinieren und aufbereiten. Wer diese Systeme nicht erreicht, wird in vielen Informationsströmen schlicht übergangen, auch wenn der Content hochwertig ist.

Hybride Systeme, die alles kombinieren

Viele Redaktionen arbeiten längst daran, Inhalte modular aufzubereiten und mehrkanalig zu distribuieren. Aber noch immer dominiert – gerade in strategischen Diskussionen – ein rückwärtsgewandtes Denken. Vieles erinnert an die Reaktionen beim Aufkommen des Internets: erst ignorieren, dann boykottieren, schließlich resignieren. Die aktuellen Antworten lauten oft: Paywalls hochziehen. Lizenzdeals aushandeln. Klagen. Sichtbarkeit blockieren.

Doch das kann nicht die Perspektive sein. Ich will nicht darüber diskutieren, ob amerikanische Konzerne „böse“ sind oder ob ein neues Leistungsschutzrecht die Rettung bringt. Mich interessiert: Wie kann in einer KI-infizierten Welt überhaupt noch Journalismus entstehen – und finanziert werden?

Einige Modelle liegen auf der Hand. Plattformen wie OpenAI, Google oder Apple könnten Lizenzen zahlen – nicht für einzelne Artikel, sondern für verlässliche, strukturierte Inhalte, bereitgestellt über APIs. Öffentlich-rechtliche Finanzierung könnte stärker als bisher in lokale und investigative Strukturen fließen – nicht nur in Sendungen, sondern in journalistische Infrastruktur. Vielleicht braucht es auch Modelle, bei denen Communities einzelne Fachpersonen direkt unterstützen – für Einordnung, Recherche, Haltung. Oder hybride Systeme, die all das kombinieren.

Ein technologie-sozialistischer Lösungsansatz liegt auch auf dem Tisch – zumindest theoretisch: Große KI-Grundmodelle vergesellschaften, Journalismus als gemeinnützige Infrastruktur verstehen, klassische Verlagsstrukturen aufbrechen. Ergänzt um ein virtuelles Justiziariat, das allen Formen journalistischer Arbeit rechtlich zur Seite steht – ob hauptberuflich, lokal, nischig oder nebenbei. Und: Der Rundfunkbeitrag könnte perspektivisch nicht nur öffentlich-rechtliche Anstalten finanzieren, sondern jeglichen Journalismus, der gemeinwohlorientiert arbeitet – unabhängig von Senderlogo oder Verlagsdach.

Von Menschen und Maschinen

Klar ist: Die Arbeit lässt sich heute stärker aufteilen. Künstliche Intelligenz kann helfen, Inhalte zu distribuieren, zu adaptieren, zu übersetzen. Journalistinnen und Journalisten müssen nicht mehr für SEO schreiben oder für Plattformen produzieren. Sie können sich auf das konzentrieren, was ihnen wichtig ist – Geschichten, Recherche, Haltung. Und Maschinen erledigen den Rest.

Trotzdem bleibt die Herausforderung: Sichtbar wird nur, was sich integrieren lässt. Und Wert entsteht nur dort, wo Anschluss entsteht – für Menschen und für Maschinen.

Deshalb interessiert mich: Welche Rolle können Medien künftig einnehmen, wenn digitale Assistenten die neuen Gatekeeper sind? Wer ist der eigentliche Kunde des Journalismus – und welche Einnahmequellen sind realistisch, wenn Bühne und Sichtbarkeit von außen definiert werden?

Ich freue mich über neue Ideen, konkrete Vorschläge – und gern auch über Widerspruch. Aber bitte nicht nostalgisch.

Ich will nach vorn denken.

(Disclaimer: Dieser Artikel ist von KI geschrieben, aber im Dialog mit dem Autoren entstanden – quasi hybrid).

Bildnachweis: KI-Generiert. NEWS DESERTS: KI-Zyklus zur Expansion von Nachrichtenwüsten und Pressesterben #25 © 2024 VOCER Institut für Digitale Resilienz

Marco Maas

Marco Maas ist Datenjournalist und Gründer der Datenfreunde GmbH. Er ist Mitgründer des Vereins Code for Hamburg und Teil des Herausgeberkreises von VOCER.

Foto: privat

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Was macht gemeinnützigen Journalismus aus? Warum braucht es ihn? Wie können seine wirtschaftlichen und juristischen Rahmenbedingungen verbessert werden? Was macht seine gesellschaftliche Akzeptanz aus? In dieser Rubrik bieten wir Gastautor:innen ein offenes Forum für einordnende Debattenbeiträge, Essays, Berichte und Interviews. Die unterschiedlichen Sichtweisen, Positionen und Perspektiven sollen die Debatte über die Sinnhaftigkeit und die Zielsetzungen des gemeinnützigen Journalismus in Deutschland beleben. Es handelt sich um einordnende Gastbeiträge, deren Auswahl durch die NPJ.news-Redaktion erfolgt, die aber nicht zwingend die Meinung der Redaktion wiedergeben.