Anja Pasquay

Sprecherin und Leiterin Kommunikation des BDZV

Inwiefern ist die Gemeinnützigkeitsanerkennung des Journalismus in Deutschland eine Bedrohung für die renditeorientierte Verlagswirtschaft?

Die Entscheidung über die Gemeinnützigkeit würde letztlich von einer staatlichen Stelle – der Finanzbehörde – abhängen. Kurz: Es bestünde eine erhebliche Gefahr staatlicher Einflussnahme bzw. Kontrolle auf die Arbeitsweise und Organisation entsprechender journalistischer Angebote. Obendrein würde damit ein Zwei-Klassen-Journalismus etabliert: hier der gewinnorientierte Journalismus, dort jener, der mit staatlichem Siegel „gemeinnützig“ agiert. Schon das ist eine Diskriminierung. Zudem hätte der gemeinnützige Journalismus immer einen Steuervorteil und könnte bestehende journalistische Produkte verdrängen. An diesem Punkte wäre die Gemeinnützigkeit sogar medienvielfaltsgefährdend. Es würde so ein staatlich veranlasster Medienmarkt entstehen. Wollen wir das?

Wenn Sie in die USA schauen: Welche Beispiele fallen Ihnen ein, wo der Nonprofit-Journalismus positive Veränderungen bewirkt hat?

Ich kenne den US-amerikanischen Non-profit-Markt nicht gut genug, um nachhaltig erfolgreiche Beispiele hervorzuheben. Bemerkenswert war die Ankündigung einer parteiunabhängigen Gruppe von 22 Stiftungen Anfang September 2023, die unter dem Namen Press Forward über fünf Jahre mehr als 500 Millionen Dollar ausreichen will, um den US-amerikanischen Lokalnachrichtenmarkt wiederzubeleben. Zugleich gab es vergangenes Jahr eine Studie, wonach Investoren solche News-Outlets oder Start-ups bevorzugen, die bereits eine gewisse Reichweite und Umsatz erzielen.

Was würden Sie sich für die Presseförderung in Deutschland in der neuen Legislatur wünschen?

Hilfreich könnte unter anderem eine Besteuerung der redaktionellen journalistischen Produkte mit Null Prozent sein – so wie auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk ja mit Null Prozent besteuert wird.

Anja Pasquay

Anja Pasquay ist Sprecherin und Leiterin Kommunikation des BDZV. Sie studierte Germanistik, Geschichte, Kommunikations- und Theaterwissenschaft und startete ihre berufliche Karriere als Theater- und Opernkritikerin in München. Danach arbeitete sie als Pressesprecherin für Bertelsmann Buch (heute Random House). Seit den 1990er Jahren ist Pasquay in verschiedenen Funktionen für den Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger tätig. Daneben betreut sie als Geschäftsführerin das Kuratorium Theodor-Wolff-Preis, ist langjähriges Mitglied des Rats für deutsche Rechtschreibung, Mitglied des Vorstands der Stiftervereinigung der deutschen Presse sowie des Young Reader Committee von WAN-IFRA.

Foto: BDZV/Brundert

Das Format: 3 Fragen – 3 Antworten

Herausforderungen, Erfahrungen, Chancen: In Kurzinterviews sprechen wir mit Akteur:innen in der Medienlandschaft zur Finanzierung und Förderkulisse von Journalismus sowie zu Fragestellungen rund um gemeinnützigen und gemeinwohlorientierten Journalismus.

Published On: 2. Juli 2025