Martin Krohs

Gründer Dekoder.org und Te.ma

Warum braucht es künftig eine nichtkommerzielle Säule journalistischer Arbeit in Deutschland?

Wir brauchen eine solche Säule nicht nur für journalistische, sondern auch für nicht-journalistische Medien, also Wissensportale à la Wikipedia, Wissenschaftsmedien, kuratierende und soziale Medien. Medieninhalte sind eine Mischung aus Wirtschafts- und Kulturgut, und entsprechend benötigen sie auch gemischte Finanzierung, genau wie Museen, Theater oder die Konzertlandschaft. Sie allein als käufliche Ware zu behandeln, zerstört unser intellektuelles Ökosystem.

Wenn Sie auf andere Länder schauen – wo finden sich Vorbilder im Nonprofit-Journalismus?

In den USA und allgemein im englischsprachigen Raum gibt es exzellente Nonprofit-Medienangebote, gerade im Bereich von Gesellschaft, Politik und Wissenschaft. Quanta Magazine, The Conversation, Noema Magazine und sogar das traditionelle Harper’s Magazine werden von Stiftungen getragen, viele Tageszeitungen erscheinen in hybriden for-profit/non-profit-Strukturen. Manche dieser Modelle könnten an europäische Verhältnisse angepasst werden – entsprechende Initiative vorausgesetzt.

Was ärgert Sie bezüglich der Spendenbereitschaft in Deutschland derzeit am meisten, was macht Ihnen Hoffnung?

„Spenden“ wird bei uns meist assoziiert mit „menschlichen Notstand lindern“. Es gibt aber auch einen Notstand von Information und öffentlicher Meinung, und beide hängen mehr und mehr zusammen. Geber, private wie Stiftungen, sollten viel aktiver die mediale Wirklichkeit mitgestalten. Ähnlich wie beim Umweltschutz geht das nicht mit punktuellen Geldspritzen und kurzatmiger Projektförderung, sondern nur mit langfristigem Engagement und vertrauensvollen Partnerschaften.

Martin Krohs

Martin Krohs ist Philosoph und Medienmacher. Er hat 2015 das Osteuropa-Portal dekoder.org konzipiert und gegründet (zweimal Grimme Online Award) und 2022 die Wissenschaftsplattform te.ma – beide als non-profit-Projekte. Als Essayist für ZEIT online, NZZ, Lettre International u.a. schreibt er über Politik und Wissenschaft. Die Mediensphäre gliedert er modellhaft in Informationsmedien, soziale Medien und Hintergründe erschließende Kognitionsmedien, denen sein besonderes Augenmerk gilt.

Foto: Beat Schweizer

Das Format: 3 Fragen – 3 Antworten

Herausforderungen, Erfahrungen, Chancen: In Kurzinterviews sprechen wir mit Akteur:innen in der Medienlandschaft zur Finanzierung und Förderkulisse von Journalismus sowie zu Fragestellungen rund um gemeinnützigen und gemeinwohlorientierten Journalismus.