Eine starke Demokratie braucht einen starken Journalismus. Gerade im Umgang mit Fehlern kann der er seine Glaubwürdigkeit unter Beweis stellen, in dem er transparent und nachvollziehbar zeigt, wie Redaktionen arbeiten.
Von Matthias Daniel
Wir leben in einer Zeit mit einem Überfluss an Informationen. Aber einem Defizit an verlässlichen Einordnungen. Alle Menschen können senden und Informationen teilen – und das ist zweifellos eine großartige Entwicklung. Die Einfachheit und permanente Verfügbarkeit sozialer Netzwerke und kostenloser Kommunikationskanäle hat sich über Jahre angefühlt wie eine große Offensive zur Demokratisierung des Wissens. Alle können teilhaben, alle können sich einbringen, alle können profitieren.
Wie kann es sein, dass sich die Wahrheit trotzdem häufig nicht durchsetzt? Wie kann es sein, dass Lautstärke immer wieder Fakten schlägt, dass Machtfülle einen größeren Einfluss hat als Argumentationsstärke? Die nüchterne Erkenntnis ist: Soziale Medien sind in vielen Fällen alles andere als sozial. Die Allverfügbarkeit von Informationen kann missbraucht werden. Die Konsequenz ist, dass unsere Gesellschaft an vielen Stellen auseinanderzudriften droht.
„Cui bono?“ ist eine der Grundfragen im Journalismus. Also: Wem nützt es? Wer profitiert von einer Information? Wer hat Interesse daran, dass ein Thema in die Öffentlichkeit kommt? Wer ist der Absender, die Absenderin einer Behauptung? Welches Motiv steht hinter einer Handlung? Wie glaubwürdig ist ein Kanal? Diese Fragen müssen wir viel häufiger stellen in einer Welt, in der Feinde der Demokratie die Wahrheit für variabel halten und Informationen instrumentalisieren.
Vermeintlich banale Dinge bewusst machen
Journalismus kann zusammenführen, er macht unsere Gesellschaft resilienter. Eine starke Demokratie braucht einen starken Journalismus. Denn unabhängiger Journalismus stellt sich gegen autoritäre Politik, gegen Einflussnahme und Vereinnahmung. Unabhängiger Journalismus benennt Fakten und entlarvt Propaganda. Unabhängiger Journalismus kann erklären und einordnen.
Manchmal ist es wichtig, sich die vermeintlich banalen Dinge wieder bewusst zu machen: Wir können etwas gegen Desinformation tun. Wir sind falschen Narrativen nicht ausgeliefert. Journalismus kann dem etwas entgegensetzen und unsere Demokratie resilient machen.
Das ist der Grund, warum der „journalist“ zusammen mit rund 50 Medienpartnern ein Zeichen für die Demokratie setzt [Anm. d. Red. das VOCER-Institut ist einer der 50 Mitinitiator:innen und pflegt seit vielen Jahren eine Medienpartnerschaft mit dem „journalist“]. Gemeinsam haben wir die Kampagne „Freie Medien. Starke Demokratie. Unsere Verantwortung“ ins Leben gerufen, in der wir auf die Bedeutung und die Kraft des Journalismus für eine funktionierende Demokratie hinweisen.
Journalismus ist nicht frei von Fehlern. Aber gerade im Umgang mit Fehlern kann der Journalismus seine Kraft und Glaubwürdigkeit unter Beweis stellen, in dem er transparent und nachvollziehbar zeigt, wie Redaktionen arbeiten.
Musk beschimpft klassische Medien
Es ist kein Zufall, dass es Autokraten und Populisten dort einfacher haben, wo Journalismus geschwächt oder wirtschaftlich unter Druck ist. Es ist auch kein Zufall, dass unabhängiger Journalismus das erste Ziel von jenen Menschen mit Macht ist, die es mit der Demokratie nicht gut meinen. Donald Trump und Elon Musk geben dafür ein gerade ein unseliges Beispiel-Duo.
Einer der häufigsten Sätze, die Musk in den vergangenen Monaten getwittert hat, lautet: „You are the media now“. In Wirklichkeit will Musk natürlich nicht seinen Nutzern eine Stimme geben, sondern vor allem sich selbst. Also beschimpft und verunglimpft er klassische Medien, wo er kann. „Der Spiegel ist korrupt“, phantasierte er vor kurzem. Wir können dafür sorgen, dass Menschen wie Musk und Trump mit ihren Lügen nicht durchkommen.
Ohne Journalismus wird aus Demokratie Willkür. Halten wir die Gesellschaft zusammen!
Mehrere Medien haben die Kampagne verbreitet, darunter das VOCER-Institut, „Handelsblatt“ und „Süddeutsche Zeitung“, „Weser Kurier“, „Augsburger Allgemeine“, „Horizont“, „T-Online“ und „Table.Briefings“. Ein Audiospot ist entstanden und Kooperationen mit neuen Partnern laufen. Wir sich beteiligen möchte, ist herzlich eingeladen, die Kampagne zu unterstützen und weiterzutragen.
Bildnachweis: KI-Generiert. NEWS DESERTS: KI-Zyklus zur Expansion von Nachrichtenwüsten und Pressesterben #35 © 2024-2025 Stephan Weichert / VOCER Institut für Digitale Resilienz
Matthias Daniel

Matthias Daniel ist Chefredakteur und Publisher des „journalist“ sowie Geschäftsführer des Verlags Journalismus3000 GmbH. In seinem Verlag erscheint auch der Podcast „Druckausgleich“ für junge Medienschaffende.
Foto: Marina Rosa Weigl
Forum & Debatte
Was macht gemeinwohlorientierten Journalismus aus? Warum braucht es ihn? Wie können seine wirtschaftlichen und juristischen Rahmenbedingungen verbessert werden? Was macht seine gesellschaftliche Akzeptanz aus? In dieser Rubrik bieten wir Gastautor:innen ein offenes Forum für einordnende Debattenbeiträge, Essays, Berichte und Interviews. Die unterschiedlichen Sichtweisen, Positionen und Perspektiven sollen die Debatte über die Sinnhaftigkeit und die Zielsetzungen des gemeinnützigen, aber auch des gemeinwohlorientierten Journalismus in Deutschland beleben. Es handelt sich um einordnende Gastbeiträge, deren Auswahl durch die NPJ.news-Redaktion erfolgt, die aber nicht zwingend die Meinung der Redaktion wiedergeben.