Welchen Ermessensspielraum haben Finanzämter bei der Anerkennung der Gemeinnützigkeit einer Organisation?

Die Anerkennung der Gemeinnützigkeit einer Organisation in Deutschland ist an klare gesetzliche Vorgaben gebunden, die im Wesentlichen in der Abgabenordnung (AO) festgelegt sind. Die Finanzämter müssen als zuständige Behörde prüfen, ob die Tätigkeit einer Organisation den gesetzlichen Anforderungen an die Gemeinnützigkeit entspricht. Dabei haben die Finanzämter einen gewissen Ermessensspielraum. Auch wenn dieser durch die gesetzlichen Vorgaben und die Rechtsprechung begrenzt ist, kann journalistisch tätigen Organisationen die Anerkennung von Gemeinnützigkeit gewährt werden, sofern sie die Erfüllung anerkannter gemeinnütziger Zwecke plausibel begründen können. Die wesentlichen Aspekte, bei denen Finanzämter Ermessen ausüben, umfassen:

  • Prüfung der Satzung: Die Finanzämter prüfen, ob die Satzung der Organisation die Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit erfüllt, insbesondere ob die Satzungszwecke und die Art ihrer Verwirklichung den gesetzlichen Anforderungen entsprechen. Die Satzung muss die gemeinnützigen Zwecke klar definieren und belegen, dass diese selbstlos, ausschließlich und unmittelbar verfolgt werden.

  • Tatsächliche Geschäftsführung: Neben der Satzungsprüfung beurteilen die Finanzämter, ob die tatsächliche Geschäftsführung der Organisation im Einklang mit den satzungsmäßigen Zielen steht. Dies umfasst die Verwendung der Mittel für die satzungsgemäßen Zwecke und die Einhaltung der Vorschriften zur Mittelverwendung und Vermögensbindung.
  • Gemeinnützige Zwecke: Die Beurteilung, ob die Tätigkeiten einer Organisation einem gemeinnützigen Zweck im Sinne der Abgabenordnung dienen, kann Spielraum für Interpretationen bieten. Die AO listet zwar gemeinnützige Zwecke auf, doch in der Praxis gibt es in der Regel Abwägungsfragen, insbesondere bei gesetzlich nicht klar definierten Tätigkeitsfeldern wie dem Journalismus.

  • Abgrenzung zwischen gemeinnützigen und wirtschaftlichen Aktivitäten: Organisationen dürfen wirtschaftliche Geschäftsbetriebe unterhalten, die nicht direkt der Erfüllung der Satzungszwecke dienen, solange diese nicht in Konkurrenz zum Hauptzweck der Organisation stehen und die Gesamteinnahmen der Organisation hauptsächlich dem gemeinnützigen Zweck zufließen. Die Beurteilung, ob und inwieweit wirtschaftliche Aktivitäten zulässig sind, erfordert ebenfalls Ermessensentscheidungen.
  • Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit: Bei der Beurteilung von Ausgaben und der Mittelverwendung haben die Finanzämter zu prüfen, ob diese im angemessenen Verhältnis zum gemeinnützigen Zweck stehen.

NPJ-Einschätzung

Obwohl die Anerkennung und Aufrechterhaltung der Gemeinnützigkeit einer Organisation von der Bewertung des jeweils zuständigen lokalen Finanzamts abhängt, sind die Ermessensspielräume dabei durch rechtliche Vorgaben, die Rechtsprechung und Verwaltungsanweisungen relativ eng gefasst. Organisationen haben bei Ablehnungsbescheiden stets das Recht, Einspruch einzulegen und eine gerichtliche Überprüfung zu beantragen. Die Erfahrung jedoch zeigt, dass im Zweifel auch Gerichte eine formale Plausibilisierung des Einklangs zwischen journalistischem Schaffen und der in der Satzung erklärten gemeinnützigen Zwecke verlangen. Dies erschöpft sich nicht in der Deutung journalistischer Potenziale, sondern betrifft zentral auch die Geschäftsführungspraktiken – also wie uneigennützig und nicht gewinnorientiert Mittel verwendet werden, um die Satzungszwecke zu erfüllen.

Nonprofit-Wissen

Recht, Finanzierung, Status Quo: In den Texten der Rubrik „Nonprofit-Wissen“ geben wir sachliche Informationen zu den Rahmenbedingungen von Gemeinnützigkeit im Journalismus. Es fehlt eine wichtige Frage? Dann freuen wir uns über einen kurzen Hinweis (Kontakt zu NPJ.news).

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