Alexandra Haderlein
Gründerin und Geschäftsführerin Relevanzreporter
Würden Sie beim Aufbau Ihres Lokalmedien-Start-ups rückblickend alles noch einmal so machen?
Prinzipiell ja. Finden und aufbauen eines Teams sowie das Herausarbeiten der Kern-Features eines Angebots braucht einfach Zeit und oftmals auch Glück, um im richtigen Moment an der richtigen Stelle zu sein. Wenn man weiß, mit wem man sprechen muss, wäre es manchmal vielleicht schneller gegangen. Aber dieses Wissen muss man sich erstmal erarbeiten. Daher noch einmal: im Prinzip ja.
Wo liegen die größten Schwierigkeiten bei journalistischen Gründungen in der Gemeinnützigkeit?
Da die Kombination aus Journalismus und Gemeinnützigkeit, insbesondere dann noch in unserem Fall als gemeinnützige UG, solch ein recht neues Terrain ist, ist es schwierig für uns, auf den Erfahrungsschatz anderer zurückzugreifen. Er existiert zu unseren Fragen des Geschäftsmodells bzw. zur Finanzierung von unserer Art des Journalismus oftmals noch nicht. Da die Gemeinnützigkeit per se aber ein hoch sensibles Thema ist, wollen wir natürlich erst recht alles richtig machen: Uns ist wichtig, uns rechtlich stets abgesichert zu wissen und nichts dem Zufall zu überlassen. Hierzu die richtigen Expert:innen zu finden einerseits sowie sich all dieses Wissen selbst anzueignen (insbesondere viel lesen) andererseits, kostet viel Zeit und am Ende auch Geld.
Welche Relevanz hat gemeinwohlorientierte Berichterstattung tatsächlich aktuell im Alltag der Menschen?
Grundsätzlich: Im Alltag einer einzelnen Person passiert tagtäglich derart viel, was diese für sich zwar definitiv relevant findet, das aber per Definition nicht zwangsläufig als gemeinwohlorientiert zu werten wäre. Nichtsdestotrotz ist es wichtig, dass wir Medienschaffende diese Themen setzen und in ein gesundes Verhältnis zu anderen Themen bringen. Insbesondere im Bereich des gemeinnützigen Journalismus. Wir sind schon per Satzung dazu verpflichtet, das Wohl und den Nutzen der Gesellschaft als Ganzes zu fördern. Für die Relevanzreporter gUG war dieser gemeinwohlorientierte, community-basierte Ansatz neben der Lösungs- und Zukunftsorientierung die einzig logische Antwort auf sinkende Nutzungszahlen sowie den Verlust von Stellenwert und Vertrauen in „die (Lokal-) Medien“. Denn deren Konsequenzen sind noch nicht überall spürbar, das wird sich aber in Zukunft ändern: Wo Lokaljournalismus ausstirbt, werden Filterblasen größer, gesellschaftliche Spaltung möglich, Politikverdrossenheit nimmt zu und die Korruption steigt. Es liegt also noch an uns Medienschaffenden, mit dem Fokus aufs Gemeinwohl und unserem Draht zu den Nutzer:innen ihr Vertrauen zurückzuholen – indem wir den Menschen wieder zuhören, mehr als nur die Schwarz-Weiß-Sicht zulassen, die Zwischentöne sichtbar machen und wir uns ihren Sorgen und Themen widmen. Nur so können wir der Kernaufgabe des Journalismus – einordnen, kritisch hinterfragen, Orientierung geben, Transparenz schaffen –, selbst wieder gerecht werden und zu einer echten vierten Säule der Demokratie werden.
Alexandra Haderlein
Alexandra Haderlein ist ausgebildete Crossmedia-Redakteurin (Studium: Journalistik mit Schwerpunkt Politik und Wirtschaft) und arbeitete 14 Jahre lang bei einer großen Regionalzeitung. 2020 gab sie ihre unbefristete Stelle auf und baute in den Folgejahren mithilfe verschiedener Stipendien das Medienangebot Relevanzreporter mit Sitz in Nürnberg auf.
3F3A: 3 Fragen – 3 Antworten
Herausforderungen, Erfahrungen, Chancen: In Kurzinterviews sprechen wir mit Akteur:innen in der Medienlandschaft zur Finanzierung und Förderkulisse von Journalismus sowie zu Fragestellungen rund um gemeinnützigen und gemeinwohlorientierten Journalismus.