Magazin für Vordenker

Wie geht gemeinnütziger Journalismus in der Praxis? Wir beleuchten bestehende und in Gründung befindliche Nonprofit-Projekte im Journalismus. Diesmal: Bloq.

Was ist das?

„Wir servieren Lokaljournalismus in Magazinform, als Fünf-Gänge-Menü, nicht als Fast Food: tief recherchiert, gut erzählt und mit einem verdammt coolen Layout“, sagt Sarah Weik, eine der Macherinnen von „Bloq“. Das Projekt ist zudem werbefrei und gemeinnützig. Und eine gute Geschichte zur Namensgebung gibt es gleich dazu: Denn ursprünglich sollte das Heft den Un-tertitel „Magazin für provinzielles Querdenken“ tragen. Doch dann breiteten sich mit der Corona- Pandemie die „Querdenker“ aus – und nur weil sich der Start des Printmagazins um einige Monate verzögerte, wurde aus „Bloq“ noch schnell das „Gesellschaftsmagazin für Mannheim, Heidelberg, Ludwigshafen und die Region“. Glück gehabt.

Wer steckt dahinter?

Neben Weik besteht „das Kollektiv“ aus Daniel Grieshaber, Theresa Horbach und Maximilian Borchardt. Das Team erhält bei Texten, Fotos und Grafik Unterstützung von seinem Netzwerk aus der Region. Dazu gibt es den Verein „Bloq e. V.“, der etwa auch Schulprojekte zu Medienkompetenz begleiten will. Weil Journalismus in Deutschland nicht als gemeinnützig anerkannt ist, gehen diesen Umweg einige Redaktionen, indem sie wie „Bloq“ Veranstaltungen und öffentliche Diskursformate umsetzen, um die „Teilhabe an regionalen Themen zu ermöglichen“.

Warum braucht es das?

Weik, die beim „Mannheimer Morgen“ volontierte, hatte Blaulicht-Geschichten und Termin-journalismus im Lokalen satt, wollte irgendwann publizistische Abwechslung für die Region. „Wir lieben Lokaljournalismus und sind der festen Überzeugung, dass die besten Ge-schichten vor der Haustür liegen – und dass die einen genauso großartigen Auftritt verdienen wie die Re-portagen aus der großen weiten Welt“, sagt sie. Was die „Bloqer“ zudem an ihr Projekt glauben lässt: „Zwar steht die Rhein-Neckar-Region mit drei Tageszeitungen noch gut da – aber auch hier verliert die Medien-landschaft an Vielfalt“, so Weik. Redaktionen schrumpften, würden zusammen-gelegt oder geschlossen, auch „Inhalte nicht mehr selbst produziert“. Laut Weik feh-len „oft die Ressourcen, um Themen in all ihren Facetten darzustellen, wirklich in die Tiefe zu recherchieren“. Mit „Bloq“ fülle sie diese Lücke.

Was ist das Besondere?

Textveredelung auf toten Bäumen galt schon Anfang der 2000er Jahre als gestrig: Doch hartnä-ckig scheint sich die Fan-Gemeinde zu halten (oder neu zu formieren), die dem bunten Papier in Magazinform huldigt. Mehr noch: Es drängt viele Menschen, vom Digitalen zu lassen und sich Zeit zu nehmen: für einen achtsamen Medienkonsum. Papier sei „perfekt“, diesem Trend zu entsprechen, so Weik: „Klickzahlen spielen bei uns keine Rolle – statt Schlagzeilen bekommen Leser:innen bei uns einen umfassenden Überblick über ein Thema.“ Und so verspricht das ge-meinnützige, werbefreie Magazin mehr „Orientierung in der Nachrichtenflut“.

Wie finanziert sich das?

Von der Liebe für guten Journalismus allein lässt sich bekanntlich schlecht leben. Bei fast allen Non-Profit-Projekten ist Geld daher das große Thema – nicht, weil sie keines verdienen dürfen (das geht), sondern weil sich Finanzierungsquellen nicht gleich auf Anhieb erschließen (das dauert) und viele Projekte aus Selbstausbeutung scheitern (das häuft sich). Doch Weik ist klug genug, um das nicht auszublenden – und nicht alles auf eine Karte zu setzen, sondern zu diversi-fizieren: „Ein Crowdfunding hat uns die Startfinanzierung gesichert“, sagt sie. Ursprünglich sollten darüber Druck und Vertrieb für die Erstausgabe finanziert werden, es kamen aber statt 7.500 Euro über 13.000 Euro zusammen. Ein Polster für Ausgabe zwei war das Grow-Stipendium von Netzwerk Recherche und Schöpflin Stiftung. Das Nahziel sei es, „dass wir uns durch den Verkauf des Magazins selbst finanzieren“ – denn noch entsteht „Bloq“ hauptsächlich ehrenamtlich. Nur die freien Mitarbeiter werden bezahlt. 9 Euro (Soli-Preis: 15 Euro) kostet das Heft – von den ersten drei Ausgaben wurden bisher insgesamt rund 1.800 Exemplare verkauft.

Hat das Zukunft?

Weik sagt, das Interesse an einer offenen Redaktion in der Innenstadt, an den Veranstaltungen und Diskussionsrunden des Magazins sei groß und habe gezeigt, „dass es ,Bloq‘ braucht“. Sie ist sich sicher, dass Menschen ein Medium wollten, „das offen ist für seine Leser:innen und sie mitnimmt“. 2,4 Millionen Einwohner gibt es in der Metropolregion Rhein-Neckar. Potenzial ist also vorhanden – das gilt es jetzt auch zu nutzen.

BLOQ

Gründung: 2021
Unternehmensform: Eingetragener Verein
bloqmagazin.de

Foto: Maximilian Borchardt

Nonprofit-Pionier:innen

Die Wüste lebt: Pionier:innen arbeiten bereits an ihrer Version von gemeinnützigem Journalismus. Wie sieht das in der Praxis aus? Wir beleuchten in dieser Serie bestehende und in Gründung befindliche Nonprofit-Projekte im deutschsprachigen Journalismus.